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Geschrieben von Spider am 08.07.2008 um 07:19:

Daumen hoch! Werner Faymann jetzt auch Spitzenkandidat

Rot-Schwarz ist Geschichte - und ebenso Alfred Gusenbauer. Der Noch-Bundeskanzler ist am Montag knapp vier Stunden nach der ÖVP-Neuwahlankündigung in der Präsidiumssitzung abgesägt worden bzw. durfte gerade noch selbst abdanken. Spitzenkandidat für die bevorstehende Wahl soll nun der designierte SP-Chef Werner Faymann werden. Und der führte gleich erste Machtproben durch: Den Wünschen einiger SP-Politiker nach letzten Plenarbeschlüssen gegen die ÖVP mit einer "Regenbogenkoalition" erteilte er eine Absage und "opferte" damit den Abgeordneten Josef Broukal. Auch bei der FPÖ, die in ihren Reaktionen am Montag betont SPÖ-freundlich war, winkte Faymann ab. Rot-Blau werde es nicht geben.
In der gemeinsamen Pressekonferenz am frühen Nachmittag gab Gusenbauer bekannt, er habe Faymann als Listenersten vorgeschlagen, "damit gleich von Anfang an klar ist, in welche Richtung es geht". Die offizielle Kür Faymanns soll "ehebaldigst" bei einem vorgezogenen Parteitag (im August) über die Bühne gehen.

Zwischen SPÖ und ÖVP ist überdies ein "gemeinsames Auflösungsprocedere im Nationalrat" geplant. Über die genaue Vorgehensweise wird es noch Beratungen im Parlament geben, sagte Gusenbauer weiter. Zu seinen Zukunftsplänen hielt er sich bedeckt. Er werde "Entscheidungen bekanntgeben", wenn er der Meinung ist, dass der Zeitpunkt dafür gekommen sei, so Gusenbauer. Die Schuld für das Auseinanderbrechen der Koalition gab er wenig überraschend der ÖVP. Es wäre besser gewesen, wenn man mehr Energie in die gemeinsame Arbeit gesteckt hätte, als in Parteikämpfe.

Faymann: "Halten uns an Koalitionspakt"
Da man der ÖVP jetzt nichts mehr schuldig ist, solle nun eine "Regenbogenkoalition" mit der Opposition gebildet werden und in der letzten Plenarwoche im Nationalrat eifrig Beschlüsse (Abschaffung der Studiengebühren, Mindestsicherung, etc.) durchpeitschen, verlangten am Montag einige SP-Politiker. Bildungssprecher Broukal wollte die Studiengebühren (von der ÖVP eingeführt) noch in dieser Plenarwoche abgeschaffen. Faymann erteilte den Äußerungen dann doch wieder eine Absage. Die SPÖ werde die ÖVP in den verbleibenden Monaten bis zur Neuwahl nicht im Parlament überstimmen. Man werde der Bevölkerung kein Schauspiel bieten, dass die Politikverdrossenheit noch weiter fördere, sagte Faymann in der Pressekonferenz mit Gusenbauer nach dem Parteipräsidium. "Ich bin dafür, dass wir uns nicht überstimmen", so Faymann: "Wir halten uns an den Koalitionspakt." Der Quereinsteiger und ehemalige ORF-Mitarbeiter Broukal (siehe Bericht in der Infobox) verkündete daraufhin seinen Ausstieg aus der Politik.

Keine Koalition mit der FPÖ
Einer Koalition mit der FPÖ – die gab sich am Montag betont SPÖ-freundlich – erteilte Faymann ebenfalls eine Absage: „Ich kann mir keinen einzigen Tag eine Koalition mit der FPÖ vorstellen“, deponierte der designierte SP-Chef nach dem Parteipräsidium. „Enttäuscht" zeigte sich Faymann über die ÖVP, die der Regierung in den vergangenen Wochen in keinem einzigen Punkt einen gemeinsamen Erfolg ermöglicht habe. Im Gegenteil habe Vizekanzler Wilhelm Molterer wiederholt Neuwahldrohungen in den Raum gestellt, etwa nach dem Nein der SPÖ zur Pensionsautomatik. Die SPÖ sei aber in keiner Frage von ihrem Kurs abgerückt, „weil wir keine Forderungen und Standpunkte opfern, um irgendwie in einer Regierung weiterzumachen, in der der Koalitionspartner keine Ergebnisse mehr will“.

Neue EU-Linie beschlossen
Einstimmig beschlossen wurde laut Faymann vom Parteipräsidium die neue EU-Linie der Partei. Der Beschluss umfasst insgesamt zwölf Punkte und beginnt mit einem uneingeschränkten Bekenntnis der SPÖ zum "Europäischen Einigungswerk". Die von der ÖVP abgelehnte Volksabstimmung findet sich im Punkt neun, wo es wörtlich heißt: "Deshalb spricht sich die SPÖ dafür aus, künftige Vertragsänderungen, die die grundlegenden Interessen Österreichs berühren, einer Volksabstimmung zu unterziehen." Ausdrücklich nicht bezieht sich dieser Passus auf den EU-Beitritt Kroatiens und der Westbalkanstaaten, wohl aber auf einen allfälligen Türkei-Beitritt.

Gusenbauer: "ÖVP hat Wahlergebnis nicht akzeptiert"
Scharfe Kritik übte dann abschließend auch Gusenbauer an der ÖVP, die vier Stunden zuvor die Koalition aufgekündigt hatte. "Die Wahrheit ist, dass sie das Wahlergebnis des 1. Oktober 2006 nie so richtig akzeptiert hat", wiederholte der scheidende Bundeskanzler, was seine Kollegin Doris Bures schon davor in einer Aussendung gesagt hatte. Und weiter: "Die ÖVP hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren bemüht, die Arbeit der Regierung zu behindern und sich als Mühlstein für die Arbeit erwiesen."

"Kompromissbereitschaft" nicht gut angekommen
In der ORF-Fernsehsendung ZIB2 meinte Gusenbauer am Montagabend, er hätte in der Koalition vielleicht besser härter und konsequenter auftreten sollen. Seine "sehr ausgeprägte Kompromissbereitschaft" sei auch in der eigenen Partei nicht gut angekommen. Zum umstrittenen Brief mit dem EU-Schwenk der SPÖ in der "Kronen Zeitung" merkte der scheidende Kanzler an, ihm sei es wichtig, den Inhalt über die Form zu stellen.

Was nach dem Bruch der Koalition die Möglichkeit eines gemeinsamen Vorgehens mit der Opposition betrifft, um möglicherweise die Studiengebühren doch noch abzuschaffen, meinte Gusenbauer, man sollte auf die "Show von wechselseitigem Überstimmen in den letzten drei Parlamentstagen" nicht viel geben.

Häupl stellt sich hinter Faymann
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl stellt sich hinter die SPÖ-Entscheidung, mit Verkehrsminister Faymann in den Wahlkampf zu ziehen: "Ich halte den Vorschlag von Gusenbauer, dass Werner Faymann Parteivorsitzender und Spitzenkandidaten werden soll, für sehr richtig", sagte er.

Den Entschluss der ÖVP zu Neuwahlen nehme er zur Kenntnis: "Reisende soll man nicht aufhalten." Es sei schließlich das dritte Mal innerhalb von zehn Jahren, dass die ÖVP eine Koalition aufkündige und vorzeitig Wahlen ansetze: "Das sind einfach unverträgliche Leute." Die Volkspartei habe von Beginn an das Wahlergebnis nicht zur Kenntnis nehmen wollen und durch die Bank Verhinderungspolitik betrieben.


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