Geschrieben von Spider am 29.01.2007 um 22:07:
Strache hat "ein reines Gewissen"
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich am Montag in einer Grundsatzerklärung nach der sogenannten Foto-Affäre von allen Formen des Extremismus distanziert und betont, ein "reines Gewissen" zu haben: "Ich war nie ein Neonazi und werde nie ein Neonazi sein." Wer hinter der Offenlegung der umstrittenen Jugendfotos von ihm steckt, konnte der FPÖ-Obmann nicht beantworten.
Der sichtlich angeschlagene FP-Chef verwehrte sich dabei wiederholt dagegen, in ein rechtsextremes Eck gestellt zu werden und nahm das auch für seine Partei in Anspruch: "In der FPÖ haben Neonazis keinen Platz."
Die ganze Foto-Affäre sieht Strache als Versuch ihn "wegzuputschen". Dahinter stecken könnten sowohl "Heckenschützen" aus der eigenen Partei als auch die ÖVP, die sich eine Wiedervereinigung von FPÖ und BZÖ wünsche, um eine zweite Regierungsoption zu haben und wisse, dass das mit ihm nicht gehe. Dass die Fotos vom bekannten Neonazi Gottfried Küssel stammen, wie dies der FPÖ-Abgeordnete Lutz Weinzinger vermutet hatte, schloss Strache aus, da dieser keinen Zugang zu seinen Jugendbildern gehabt haben könne.
Zur Selbstverteidigung hatte Strache einige Bilder anderer prominenter Politiker mitgebracht. So überraschte er etwa mit einem der FPÖ "zugespielten" offenbar recht aktuellen Foto, auf dem Ex-Finanzstaatssekretär Finz von der ÖVP beim Biertrinken mit einer Person zu sehen ist, die vom FPÖ-Chef als Küssel identifiziert wurde und die ihm zumindest auch täuschend ähnlich sieht.
Finz bestreitet Vorwürfe
Finz selbst wies die Vorwürfe umgehend zurück: "Ich hatte mit dieser Szene wissentlich nie in meinem Leben zu tun, diese Gesinnungen sind mir völlig fremd." Er weise es aufs Schärfste zurück, mit Ideologien und Gesinnungen, die er seit jeher verachte, in Zusammenhang gebracht zu werden.
"Meine Grußmutter wurde in Gugging als ‚unwertes Leben’ vernichtet, ihre beiden Brüden waren im KZ. Ich hatte und habe mit Rechtsextremismus und pervers verfälschten Geschichtsdarstellungen nie etwas am Hut", so Finz. Straches Versuche, nun andere Leute anzupatzen, wären beschämend und jämmerlich.
Merkel mit "Kühnen-Gruß"?
Bezüglich seines vermeintlichen "Kühnen-Gruß"-Fotos präsentierte Strache ein "Spiegel"-Cover, auf dem die deutsche Bundeskanzlerin Angela (von Strache Andrea genannt) Merkel mit der selben Fingerhaltung zu sehen ist.
Zurückhaltende bis empörte Reaktionen
Zurückhaltend beurteilte in einer ersten Reaktion die ÖVP die Distanzierung von Strache. Die SPÖ wollte die Grundsatzrede Straches vor einer Bewertung erst analysieren. Scharfe Kritik kam von Grünen und BZÖ.
ÖVP-Generalsekretär Missethon meinte, die Erklärung Straches, sich vom Nationalsozialismus und seinen Auswüchsen zu distanzieren, sei "spät, aber sehr wichtig" gewesen. Allerdings sei es völlig inakzeptabel, andere in den internen Konflikt der FPÖ hineinzuziehen. Dabei spielte er vor allem auf das von Strache gezeigte Foto, auf dem Finz mit Gottfried Küssel abgebildet sei, an. Jeder wisse, dass Finz mit dem System des Nationalsozialismus nichts zu tun habe.
Der Grünen-Chef Van der Bellen nimmt zwar die Ablehnung der NS- Ideologie "zur Kenntnis". Allerdings sei der Vergleich Straches "skandalös", wonach die Medien gegen ihn heute ähnlich agierten wie früher das antisemitische NS-Hetzblatt "Der Stürmer" gegen die Juden, so Van der Bellen. Das NS-Kampfblatt habe zum Mord an Juden öffentlich aufgerufen und Juden in Leitartikeln als "Schmarotzer, nicht menschliches Wesen, Feind, Übeltäter und Krankheitsverbreiter, die im Interesse der Menschheit vernichtet werden müssen", bezeichnet.
BZÖ-Generalsekretär Grosz sprach von einem "Brülldurchfall" von Strache, mit dem der FPÖ-Chef aber nicht die "skurrilen Drehungen und Wendungen übertönen" habe können. Damit habe die FPÖ jede Glaubwürdigkeit verspielt und sei nicht mehr ernst zu nehmen.